Ich bin ja weitestgehend im Ruhrgebiet sozialisiert worden. Und diese Hefeviecher mit Marmeladenfüllung waren bei uns meist mit Zucker berieselt und hießen da immer Berliner oder Berliner Ballen. Als ich nach Berlin zog, stiftete ich in einigen Bäckerein Verwirrung und lüsterne Bäckereiwarenverkäuferblicke, wenn ich „einen Berliner zum Mitnehmen, bitte“ bestellte.
So n Bäcker passt schlecht in den Einkaufsbeutel und auch der echte Berliner zu Hause hätte wohl bei diesem Anblick gemeutert. Also habe ich es mir schweren Herzens abgewöhnt und sage jetzt immer brav: „Einen Pfannkuchen, bitte!“ Obwohl Pfannkuchen bei uns immer die flachen Dinger aus der Pfanne waren, aber die heißen ja hier Eierkuchen. Nicht Pfannekuchen. Und meine Mama, aus Leipzig, sagt immer „Berliner Pfannekuchen“ – ich versuche es zu ignorieren. Vielleicht ein Hinweis auf den gebräuchlichen Namen außerhalb von Berlin, die Sprache an sich ist ja ein lustiges Tierchen, die Menschen sind faul und dann schleift es sich in der mündlichen Tradierung mal schnell zum bloßen „Berliner“ oder „Pfannekuchen“ ab.
Schnecke? Berliner? Pfannkuchen? Ballen? Krapfen? Was denn nu?
Nichtsdestotrotz: Man wird hier doch ziemlich, ziemlich (inklusive erhobener Augenbraue) schräg angeguckt, wenn man „Berliner“ sagt. Bis heute. Eben habe ich noch ein Paket für einen Kunden zur Post geschleppt, auf dem Rückweg kam ich an einer Bäckereikette vorbei. 5 Pfannkuchen für 1,99 Euro. Und sogar ohne diesen wieeederlichen Zuckerguss. Hach. Ich also hinein, eine nette Frau, die noch in ihrem Kinderwagen rumkramte ließ mich sogar vor. Mein Auge erspähte in diesem Augenblick auch noch bezuckerte Apfelschnecken. Apfelschnecken..mjam….
Ich komme dran und sehe mich einer dem älteren Semester angehörenden missmutigen urberliner Bäckereiwarenfachverkäuferin gegenüber, die den Lidstrich scheinbar bei ihrer Gothic-begeisterten Tochter entliehen hatte. Fröhlich verlange ich meine fünf Pfannkuchen, sie tütet sie lieblos ein. Dann kommen wir zu den Apfelschnecken, ich höre mich sagen „Die beiden Apfelschnecken da noch bitte…“ Sie guckt mich finster an. Ich lenke um zu: „..schnecken…äh…Apfelkringel?“ Stumm, starr und immer noch finster blickt man mit entgegen. Habe langsam den Verdacht die WILL mich nicht verstehen. Da liegen auch keine anderen Produkte mit eindeutigen Apfelstückchen hinter der Scheibe. Das einzige andere daneben sind mit Zuckerguss verseuchte Puddingteilchen. Aber die heißen hier wahrscheinlich eh anders. (Eine größere Abhandlung über das „Teilchen“ an sich und seinen Stand im Ruhrpott verkneife ich mich mal. ;-)) Gestikuliere inzwischen gen deutlich sichtbare Apfelschnecken und probiere es tapfer mit „Na die da, die Apfelschneckenkringel..äääh… Dingensoderwiedieheißen?“ Da schallt es mir leicht angegiftet entgegen: „Ach, na dett sind Apfelberliner!“ Ach.. na sowas… und schwupps sind die Teilchen Dinger Kringel Krapfen Schnecken Apfelberliner in einer zweiten Tüte versenkt. Ich zahle und gucke ein wenig verunsichert ob dieser Information. In meiner Welt schneit es gerade in der Hölle. Na wenigstens günstig wars. 2,79 Euro für 5 Berliner Pfannkuchen und zwei Apfelschnecken. Fühle mich in DM-Zeiten zurückversetzt. Waren sogar frisch und essbar.
Des Rätsels Lösung liegt im Begriff „Bäckereikette“ was heißt bundeseinheitliche Namen für Backwaren. Wer allerdings bei den Dingern auf „Apfelberliner“ gekommen ist möchte ich echt mal wissen. Die erfüllen wirklich so gar nicht irgend eine Definition von Berliner 😉
hahaha, ja, das mit den berlinern und pfannkuchen musste ich hier im osten auch erst lernen.
ich hatte mal nen freund aus österreich, bei dem hab ich auch lustige sachen gelernt (z.b. heißen wiener (würstchen) in wien „frankfurter“!), und der hat sich jedes mal schlapp gelacht, wenn ich so ein lustiges (?) wort wie „quarktasche“ benutzt hab. das nennen die dort nämlich topfengolatschen. dass ich bei dem wort immer an irgendwelche ollen schuhe denken musst, konnte er gar nicht verstehen. ;))
liebe grüße,
phoeni
Was soll ich sagen, bei uns heißen die Dinger Kreppel und bei dieser (http://www.backhaus-luening.de/) Bäckereikette heißen die dann auch noch Berliner. Ist hier ganz falsch. Nein. Ist wie Berliner für Pfannekuchen. Und so.
Pure Verwirrung.
Liebe Grüße! 😉
Bei uns in Südhessen heißen die Teile ‚Kreppel‘ oder ‚Kräppel‘.
Vor ein paar Jahren in Würzburg sah ich vor einer Bäckerei ein Schild „Krapfen mit Blaubeeren“. Ich bin rein, habe mich ganz doll auf das Wort „Krapfen“ konzentriert und bestelle „Krapfen mit Heidelbeermarmelade“. Die haben mich doch tatsächlich nicht verstanden!
Liebe Grüße, Sus
Ich bin im beschaulichen OWL sozialisiert worden, und da heißen die Dinger genau wie im Ruhrgebiet: Berliner bzw. Apfelschnecke. Und alles andere fällt für mich unter den Oberbegriff „Teilchen“, welche dann im Laden durch Zeigefinger und Demonstrativpronomen weiter spezifiziert werden: „Und dann bitte noch zwei von diesen Teilchen da.“ ;o)
Also die Berliner heißen in Mecklenburg auch Berliner, ggf. noch mal Berliner Pfannkuchen, also das wäre die höchst korrekte Bezeichnung, zumindest für die Rostocker Ecke *g*.
Ich kenne weder einen Apfelberliner noch eine Apfelschnecke … für mich wärs …und dann noch davon eins *g*
Teilchen, den Ausdruck finde ich sehr irreführend, denn manche Teilchen sind richtig ausgewachsene Teile ….
LG Esme (die jetzt Hunger hat)
Jaja, die Berliner haben ihren ganz eigenen Humor, der sich aber eher nicht auf Auswärtige erstreckt 🙂 Ich komme auch aus Hessen, wo man Kreppel sagt, und ansonsten halt Berliner. Das andere Teilchen hätte ich auch spontan als Apfelschnecke erkannt. „Apfelpfannkuchen“ gibt es in Berlin schon seit dem 19. Jahrhundert, aber die sahen damals wohl noch nicht aus wie Schnecken, denke ich mal. Im Grunde sind die Berliner alias Pfannkuchen auch nichts anderes als Krapfen, aber das sollte man Berlinern aus taktischen Gründen nicht so direkt sagen 🙂 @Shermin: Zur Geschichte der Berliner Pfannkuchen gibt es übrigens auch ein Kapitel in meinem Buch.
Haha! Im Leben wäre ich nicht darauf gekommen, dass die Dinger in Berlin tatsächlich Apfelberliner genannt werden. :o))
@ Llynnya, Kai, phoeni, Sus, Ute & Esme: Huch, da habe ich ja regelrecht in ein
Kreppel Kräppel Krapfen Ballen Berliner TeilchenPfannekuchen-Nest gestochen. 😉 Toll, jetzt hab ich schon wieder Hunger auf eine Apfelschnecke. Muss mich wohl nachher wieder auf die Jagd danach machen und mich tapfer den berliner Bäckereiverkäuferinnen stellen…@Petra Dein Buch liegt direkt obenauf auf meinem Schreibtisch (den Kai ja liebevoll „Molloch“ getauft hat) und ist in meinem nächsten Schreib-Quartal für Suite eingeplant. Wirklich. Ehrlich. *an schlechtem Gewissen dahin siech*
@nata Ich definitiv auch nicht. Aber wie Kai schon sagte, liegt es vielleicht wirklich daran, dass es eine bundesweite Bäckereikette eines ausländischen Bäckers (Ösi) ist. 😉
Vielleicht werden Apfelschnecken in Wien ja wirklich so genannt? *etwas zweifelnd guck* Irgendwelche Wiener anwesend, die zur Aufklärung beitragen können?
Also ich bin mit kugeligen Krapfen und flachen, rollbaren Pfannkuchen großgeworden und könnte mir das wohl nur schwer abgewöhnen. Hier kennt man dafür die gängigen bayrisch-österreichischen Bezeichnungen, wie Ribisl, Topfen, Palatschinken, Paradeiser, Gummerer, Kukuruz und so weiter 😉
Regionale Unterschiede sind schon spannend.
Nachtrag: Die Apfel-Etwasse heißen bei unserem Bäcker offiziell auch Apfelkrapfen (obwohl Kreppel Kreppel heißen), aber die sind so riesig, daß die Verkäuferin es auch versteht, wenn man „Zwei von den Tretminen da“ bestellt. 🙂
Liebe Grüße, Sus
@Sefarina — toll. Jetzt will ich Palatschinken. Aber sofort! Wunderbar dünn, gerollt mit Aprikosenmarmelade, Sahne und gerösteten Walnüssen. Aaahhhhhhhhh….. *sabber* (Hachja, Kindheitserinnerungen..)
@Sus Tretminengröße haben unsere (leider) nicht. Ich muss aber verkünden: ich bin letztens todesmutig nochmal in den Laden gegangen, begegnete einer anderen Verkäuferin und die hat mir, als ich mit fester Stimme Apfelschnecken forderte, auch das richtige Teilchen in die Tüte gestopft. Ohne Murren und Meckern. 😉
*grins*
diese Erfahrungen musste ich auch schön des Öfteren machen, seit ich zum „Wossi“ (Wahl-Ossi) wurde. Da gibt es auch noch nach Jahren hitzige Debatten mit meinem Ritter (Echter Ossi). Sag ich „wollen wir mal wieder Pfannkuchen zum Mittag machen?“ sagt er, „brauchst Dir aber nicht so viel Arbeit zu machen!“. Sag ich, leicht irritiert „wieso, macht doch nicht viel Arbeit, bisschen Eier, Mehl und Milch zu verrühren und in die Pfanne zu kippen“. Sagt er, „ach, willst Du etwa EIERKUCHEN backen?? Dann sag das doch… Pfannkuchen sind rund und mit Marmelade drin“. Sag ich „Quatsch mit Soße, die sind platt wie Flundern“.
Nun ja. In diversen Bäckereien verlange ich dann auch nur noch „diese Dinger da“, nachdem ich mehrfach verwirrtes Kopfschütteln geerntet hatte.
Liebe Grüße
Martina
Ja… mir geht es ja ähnlich, als Ex-Ossi, im tiefsten Westen groß geworden und sozialisiert und dann zurückemigriert nach Ostberlin zu nem Ossi. 😉 Durch unsere Wohnung geht eine Pfannkuchen-Eierkuchen-Leylinie, bzw. auch ein Ketchup-Graben. Ich hab es ja – wenn schon süße Tomatenplörre – eher mit dem Heinz, mein Gatte schwört auf das süßliche Werder. (würg) Vom Senf fange ich jetzt gar nicht erst an…. 😉
Noch reine Neugier: hast du über den Kreativtausch hergefunden?