Naja gut. Nicht wirklich eine Tasse, sondern derer vier – in Form von Teeschalen und einer dazugehörigen Teekanne.
Wer in Erdkunde nicht aufgepasst hat: Usbekistan ist ein Binnenstaat in Zentralasien, der von wohl- und abenteuerlich klingenden anderen Staaten wie Tadschikistan, Kirgisistan, Kasachstan, Turkmenistan und nicht zuletzt Afghanistan umzingelt wird. Irgendwo grenzt dieses – zumindest den meisten von uns – unbekannte Land auch an den Aralsee und es besitzt eine Stadt namens Termez. Diese Stadt ist in dieser kleinen Geschichte deshalb so wichtig, weil sich hier ein Luftwaffen-Transportstützpunkt der Bundeswehr befindet. Alle Truppentransporte und der Nachschub für die ISAF-Truppen in Afghanistan gehen durch dieses Nadelöhr. Termez ist neben seiner Funktion als Umschlagplatz für Menschen und Güter aber auch der sogenannte „Safe Haven“ – sollte irgendetwas in Afghanistan (noch mehr als ohnehin schon) katastrophal schief gehen, findet die Evakuierung über diesen Knotenpunkt statt.
Warum ich das alles erzähle? Ein sehr lieber und mir sehr wichtiger Freund ist bei der Luftwaffe. Wir sprechen uns weder täglich, noch wöchentlich oder auch nur monatlich. Irgendwann ruft er an und dann ist es so, als hätten wir gerade erst aufgelegt – dabei haben wir uns das erste und letzte Mal vor knapp fünf Jahren bei meiner Hochzeit gesehen, obwohl wir uns schon über 15 Jahre kennen. Die sozialen Wunder des Internets eben. 😉
Vor einigen Jahren hatte er einen Auslandseinsatz und war in Termez stationiert. Das erste Mal, dass ich mit der Feldpost im Hochsommer Gewürzwein, Kokosmakronen und Vanillekipferl schickte und eine Karte mit einem todschicken BW-Hubschrauber darauf, dessen Anblick bei mir eher sanfte Magenkrämpfe auslöste, zurückbekam. Jedenfalls brachte mir besagter Freund dieses Tee-Service mit, das ich bis heute wie meinen Augapfel (meine Augäpfel? – komische Redewendung) hüte.
Ich bekam dieses Geschenk mit den Worten, dass das Set weder die Krone der Kunstfertigkeit, noch besonders schön sei. Allerdings würde jeder dort, der in irgendeiner Form mit Drogen, Geld oder Frauen zu tun hätte, so eine Kanne auf seinem Tisch zu stehen haben. Und das empfand er irgendwie als sehr passendes Mitbringsel für mich. Ich nehme diese Anekdote um meine Teekanne und die Schälchen noch heute als … ähm… freundliches Kompliment für meine Charakterisierung. 😉 Ich wusste es eh noch nie zu schätzen, wenn man mich in die Schublade mit dem Aufdruck „Stino“ zu stecken versuchte. Jedes Mal, wenn ich sie zur Hand nehme, sie befühle und daraus esse oder trinke, denke ich an meinen Freund und hoffe, dass es ihm gut geht.
Letzte Woche bekam ich eine SMS – er ist nach Monaten wieder aus einem weiteren Einsatz da und wohlbehalten bei seiner Familie angekommen. Gestern haben wir telefoniert. Zeit, einen Tee aufzubrühen, sich zurückzulehnen und dankbar zu sein. Für Freundschaften und uns nahe stehende Menschen, die heil wieder Heim finden.
Tee: Datteltee (erstaunlich leicht, sanft süßlich) von Anna Luise
Auf der Spindel: Handgefärbte Seidenhankys, Navajo-verzwirnt
Find ich total rührend!
Wirklich sehr rührende Geschichte…Alles Gute Deinem Freund und Dir weiter viel Freude mit Deinem Tee-Servise! Übrigens, ich stamme selbst aus Zentralasien und dort nennt man dieses Teeschälchen Piala.Die Piala wird nur etwa auf ein Drittel gefüllt, nie voll.Die vollgefüllte Piala(in Zentralasien natürlich) gilt als unhofflich und respektlos gegenüber den Gästen.Na, ja…andere Länder, andere Sitten…
LG Nadja
Hallo Nadja und ganz vielen Dank für deine Meldung, die ich total spannend finde.
Toll etwas zum Hintergrund zu erfahren – ich kenne ähnliche Traditionen aus anderen Ländern, aber in diesem Zusammenhang was zu lernen ist natürlich besonders schön. 🙂
Liebe Grüße