Ich bin Pflaumenmus-Puristin. Oder eher Zwetschgenmus. Das hat schon in meiner Kindheit und mit den Urlauben in der Tschechei und in Ungarn begonnen. Dort gab es nämlich pechschwarzes, dickes, fruchtiges und teerartiges Pflaumenmus in hohen Pappbechern zu kaufen, das für mich die marmeladentechnische Glückseligkeit bedeutete und die Messlatte für alle weiteren Pflaumenmuserfahrungen festlegte.
Kindheitserinnerung Pflaumenmus
Fortan musste sich also jedes käuflich erwerbbare Pflaumenmus an dieser Kindheitserinnerung messen. Und versagte dabei natürlich kläglich. Später versuchte ich mich als Kochanfängerin daran und nahm (wie ich heute weiß) die falschen Früchte (Pflaumen statt der korrekten Zwetschgen) und die falsche Vorgehensweise (viel zu kurz kochen statt backen). Als ich letztens im Supermarkt über tolle Zwetschgen stolperte, die sich perfekt vom Stein lösten und auch noch süß waren süß genug erschienen, habe ich nach einigem Nachdenken zugegriffen und mich an mein Zwetschgenmusexperiment gewagt.
Wie wird echtes Powidl/Latwerg gekocht?
Wirklich echtes Powidl wurde früher über Stunden hinweg rührend in Kupferkesseln*gekocht, bis es angemessen einreduziert war. (Wobei diese Bezeichnung eher böhmisch/österreichisch ist. Hierzulande nennt es sich eigentlich Latwerg, ist aber so aus der Mode gekommen, dass das kaum noch jemand weiß.) Das ergab dann dieses dicke, fette, fruchtige, schwarze Zeug, das sich nur reißend vom Löffel löst, anstatt runterzufließen. Da es so stark reduziert wird (aus 500g Früchten soll nur 100g Zwetschgenmus werden), wird es traditionell auch nicht zusätzlich gesüßt. Die Zwetschgen sollen deswegen möglichst reif und süß gewählt werden.
Da ich weder Kupferkessel habe, noch mich mit anderen Leuten beim Einkochen über knapp 24 Stunden hinweg ablösen kann, habe ich die Backofenmethode gewählt, wo die Fruchtmasse über Stunden hinweg langsam einkochen kann.
Das Powidl-im-Backofen-Experiment…
… war absolut erfolgreich! Nelken, Rum oder Zitronenschale habe ich nicht zugesetzt, mein einziges Zugeständnis war eine einsame Stange Ceylon-Zimt, die ich beim Einkochen im Ofen in der Masse versenkt hatte und die sich geschmacklich nicht wirklich niederschlug. Und ganz am Ende eben etwas Akazienhonig, weil ich zu ungeduldig war und meine Zwetschgen aufgrund des Reifegrades noch nicht genug Süße her gaben.
Bei der Temperatur habe ich Angaben von 150° bis 200° gefunden. Ich habe je nach Stadium des Muses mit Temperaturen von 150° bis 175° gearbeitet. Ganz am Anfang, wo noch mehr Flüssigkeit vorhanden war, war sie eher hoch, was ich dann nach und nach im Laufe der Stunden absenkte. Zeitangaben habe ich auch unterschiedliche gelesen. Von drei bis acht Stunden war alles zu finden. Bei mir hat es ungefähr sechs Stunden gedauert. Aber ganz ehrlich – der Energieaufwand und die Ausbeute… naja… Auch wenn ich mich seit Wochen jeden Morgen an meinem genialen Powidl erfreue und mir damit Butterbrotstullen und auch Herzhaftes bereichere – frau grübelt dann doch schon, ob sich das aufwiegt.
Rezept für Powidl / Pflaumenmus aus dem Backofen
(ergibt ca. 900g Powidl)
4,5 Kg vollreife Zwetschgen (gewogen mit Kern)
400-600 ml Wasser
1 Zimtstange (optional)
Bei Bedarf: Akazienhonig zum Nachsüßen
Benötigtes Equipment: Pürierstab*, Brettchen, Messer, Gänsebräter*
Zubereitung
- Zwetschgen waschen, halbieren, entsteinen und in einen Topf oder Bräter geben.
- Das Wasser hinzugeben und mit Deckel bei mäßiger Hitze weich kochen, bist die Früchte anfangen zu zerfallen. Aufpassen: Brennt leicht an!
- Zwetschgen vom Herd ziehen, fein pürieren mit einem Pürierstab.
- Falls noch nicht geschehen, dann jetzt in den Bräter geben und im vorgeheizten Backofen für ~ 6 Stunden ohne Deckel bei 150-175° backen (siehe Kommentar oben).
- Zwischendurch ab und an umrühren und Mus, das angebacken ist, vom Rand schaben. Falls nötig: Kochlöffel in Herdklappe klemmen, damit der Wasserdampf abziehen kann.
- Wenn das Zwetschgenmus die gewünschte Konsistenz hat (ungefähr 1/5 von der Ausgangsmasse), probieren, evtl. noch mit Honig nachsüßen und noch heiß in ausgekochte Gläser füllen.
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Ich hab mich letztes Jahr an die Kochtopf- Variante gemacht, das ging sehr gut- auf 1kg entsteinte Zwetschgen 100g Zucker, noch 100ml Balsamico dazu, eine halbe Zitrone und eine Zimtstange, dann langsam kochen lassen auf kleinster Flamme ohne Umrühren! Fängt man nämlich einmal an, muß man dauernd rühren. Als ich dann nach vielen Stunden rührte war auch die Konsistenz so wie ich mir gewünscht habe- tolles Zeug.
@ninive – Ah, daher stammt also das „nicht umrühren“. Ich muss mal gucken, ob ich mir auch noch eine Topfversion gönne. Der Monat ist aber jetzt schon so ausgeplant, dass ich das wohl nicht hinbekommen werde.
Gut, dass ich dieses Rezept bei dir gelesen habe, sonst hätte nicht so schnell gewusst, was genau ich mit meinen 4,5 kg Zwetschken mache. Schau einmal rein bei mir!
Danke f. d. Anregung!
lg
Schon angeguckt – sieht superlecker aus! 🙂
Von meiner Oma aus Thüringen, die auch immer geniales Pflaumenmus kochte, habe ich noch den Tip, ein paar unreife Walnüsse (grün, mitsamt Schale) mitzukochen. Das macht das Mus noch schwärzer und liefert etwas herbe Würze mit. Die Nüsse kann man rundrum etwas einpieksen, bevor man sie reingibt. Wenn das Mus fertig ist, die Nüsse rausfischen und wegwerfen.
Auf die Menge von 4,5 kg Zwetschgen würd ich 2-3 Nüsse nehmen.
Bin auf der Suche nach einem anderen Rezept über Deine Seite ‚gestolpert‘ (tolle Rezept hier!!) und seh hier das Pflaumenmus. Tipp: Pflaumenmus wird bei mir demnächst wieder im Backofen bereitet, weil: Null Aufwand. Einfach die entkernten Pflaumen in einen Bräter stapeln und (bei mir ca 3 Stunden) mit Gewürznelken, Zimt und Muskat weich werden lassen. Kein Rühren, gar nichts. Wenns breiig genug ist kann mans in einen Topf umfüllen und nochmal kurz nachkochen oder auch gleich in Gläser füllen und sich am Winter an einem sehr sehr leckeren Pflaumenmus erfreuen.
Mein FAzit: gekauftes PFlaumenmus ist schon gut, aber das selbstgemachte ist doch echt lecker (und auf jeden Fall schön würzen, das macht es ja gerade lecker :-).
Lg Nadja
@Nadja – Öhm…ja, stimme dir zu. (Das zum Artikel gehörende Rezept für Pflaumenmus aus dem Ofen hast du gesehen? ;))
@Shermin: Ja, klar hab ich das gelesen :-). Aber so ’ne einsame Zimtstange im Pflaumenmus… nee, da muss schon bissl mehr rein – IMHO 🙂
(Och… Du hast so schöne Rezepte hier auf Deiner Seite. Komm gar nicht mehr aus dem Bookmarken raus).
@Nadja – Ah, jetzt kapier ich’s! 😀 Ja die Zimtstange ging tatsächlich etwas unter. Und Danke für deine lieben Worte! <3
Hallo Shermin,
ich koche grad dieses wahnsinnige Zwetschgenmus.
Die sechs Std. sind jetzt gleich rum aber das Mus ist jetzt nicht wirklich dunkel,wie bei Dir.
Hilfe vielleicht kannst Du mir weiterhelfen.
Liebe Grüße, Eva
@Ditz Eva – Entschuldige, ich habe dich eben erst zufällig aus dem Spamordner gefischt. Wie ist es denn geworden? Die Früchte sind ja immer unterschiedlich, vielleicht waren deine saftiger oder eine andere Sorte und haben deswegen eine längere Einkochzeit benötigt. Mein Mus war am Anfang auch noch heller und wurde mit der Reduzierung immer dunkler. Wie ist denn die Konsistenz? Richtig fest oder noch relativ flüssig, so dass es von einem Löffel tropfen kann? Und wie schmeckt’s? Falls du den Einkochprozess gestern unterbrochen hast, kannst du das Powdile heute ja nochmal in den Ofen schieben und weiter reduzieren. Das dürfte kein Problem sein.
Ich kann hier (Australien) leider keine Zwetschgen bekommen, nur rote und schwarze Pflaumen. Meinst du, der Aufwand lohnt sich und das wird trotzdem lecker? Vermisse Powidl!
@Hanna – Puh. Das geht per Ferndiagnose natürlich schlecht. Aber wenn man aus den Dingern auch normale Marmelade oder Kompott machen kann, warum nicht? Ich würde zumindest den Versuch wagen, wenn du es so vermisst. Viel Erfolg!
Vielen Dank! Ich mache mich jetzt dran! Habe beide asiatische Pflaumen (rote und schwarze) zuerst in einem Kuchen probiert und die schwarze kommt naeher ran. Also ab in den Ofen! Werde berichten 🙂
@Hanna – Ich bin gespannt und drücke dir die Daumen!
Hat wunderbar geklappt! Wie schön, Powidl auch down under genießen zu können 🙂
@Hanna – Wunderbar, das freut mich für dich!
Hallo,
ich koche meinen Pflaumenmus seit Jahren so. Latwerge wird es meist ungewollt 🙂 Ich zuckere die Pflaumen, am besten Bauernpflaumen, am Abend vorher im Bräter gut ein – 5 kg Pflaumen (einige mit Stein lassen) gebe 3 – 4 kg Zucker dazu und lasse die Pflaumen Wasser ziehen. Zwischendurch mal umrühren. Dann kommt gemahlene Zimtblüte dazu, etwas Vanille und etwas Macis. Noch einmal gut rühren und dann bei 160°C im Ofen stehen lassen. Bräter nur mal schütteln, nie rühren. Je nach abgesetzter Flüssigkeit dauert es 3 bis 5 Stunden bis die Pflaumen eingedickt sind. Trotz des Zuckers wird es nicht sehr süß, da Pflaumen reichlich Säure mitbringen. Man benötigt auch kein Wasser, der gezogene Pflaumensaft ist viel aromatischer. Sind die Pflaumen sehr saftig kann es schon passieren, dass viel Saft im Bräter steht. Das kocht aber weg. Die Tür muss immer leicht geöffnet bleiben, dass der Wrasen abzieht.
Zum Schluss püriere ich die Masse und nehme die Steine raus. An diesem Punkt angekommen erkennt man meist, dass es doch wieder Latwerge ist, also Paste, und kein Mus :-))
Ich habe das Powidl stets ohne Backofen gemacht und zwar nach dem Rezept meiner Mutter:
5 kg gewaschene und entsteinte Zwetschken in einen großen Topf geben, 1kg Zucker und 1/4 l Weinessig draufschütten, aber nicht unterrühren. Das Ganze über Nacht stehen lassen und am nächsten Tag ohne jemals zu rühren 5 Stunden offen leicht dahin köcheln lassen. Ich mache das immer am Holzherd und das Mus ist mir noch nie angebrannt. Gewürze gebe ich keine hinein, denn es schmeckt so viel besser. Noch heiß fülle ich das Powidl in Gläser und verschließe diese nicht mit den Deckeln, sondern mit Zelophanfolie. So kann es noch nachhärten und hält jahrelang, denn nicht alle Jahre gibt es in unserer Höhenlage Zwetschken
So jede Familie hat wohl ihr eigenes Rezept, meine rheinhessische Urgroßmutter hatte folgendes Rezept:
7 kg entsteint abgewogene Zwetschgen in einen großen Gänsebräter geben, mischen mit 900g Zucker, 2 gehäufte Eßlöffel gemahlenen Zimt und 1 Teelöffel gemahlene Nelken. Darüber zwei Tassen Rotweinessig.
Das ganze im offenen Bräter bei ca. 200ˋ Unterhitze auf der zweiten Schiene von unten im Backofen ca. vier Stunden garen und ab und zu umrühren . Das Mus ist fertig wenn der Holzkochlöffel eine kurze Zeit frei im Mus stehen kann.
Das Ergebnis ist ein köstliches Zwetschgenmus.
@Andree – Das klingt nach einem wunderbaren Familienrezept! 😊