Okay… ja Erbspüree trifft es nicht ganz. Da versagt die deutsche Vorstellungskraft und die Übersetzung ein wenig. Eines meiner Kochbücher übersetzt es ganz verwegen als Erbspudding. Wer sich auskennt weiß, dass das im Grunde schon stimmig ist. Aber das, was der Brite an sich als Pudding bezeichnet, und das, was der Deutsche darunter versteht, sind eben auch wieder zwei verschiedene Paar Schuhe.
Erbspüree – ein Berliner Klassiker!
Durch meine Recherche habe ich jetzt übrigens gelernt, dass Erbspüree ein uralter und gern gegessener Klassiker in meiner geliebten Wahlheimat Berlin ist. Laut verschiedenen Webseiten gerne gepaart mit einem bekömmlichen kleinen Eisbein. (Ich bezeuge übrigens gerne mit innigsten Schwüren, dass ich in noch keinem Restaurant jemals auf Erbspüree auf der Karte stieß.) Im vereinigten Königreich wird hierzu ebenfalls gerne Schweinebein serviert, allerdings in Form von Schinken. Also mehr so in Richtung saftiger Hintern. 😉
Beliebte Beilage: Erbspüree
Dass Erbspüree früher sehr beliebt war, kann ich mir äußerst gut vorstellen: Billige, getrocknete Hülsenfrüchte, die gut sättigen, sehr reich an Nährstoffen sind und sich anständig verpackt quasi endlos lagern ließen – man hatte sie also immer vorrätig.
Ich nehme an, aus den gleichen Gründen wird auch der englische Vetter des Erbspüree, der Pease Pudding (bekannt auch als Pease Pottage), eine große Anhängerschaft unter der monetär nicht so gesegneten Bevölkerungsgruppe gehabt haben. Relativ einfach und mit ein paar Handgriffen ließ sich so ein Gericht kochen, das gut schmeckte, günstig war, auch mal auf dem Herd stehen konnte und nicht sofort kippte, weil noch keine Kühlschränke erfunden waren. In der englischen wie deutschen Variante konnte anscheinend auch gerne mal die eine oder andere Kartoffel in den Grundbrei fallen.
Ich musste hierbei auch sofort an die Erbswurst denken – gegessen habe ich das noch nie. Aber ich weiß, dass meine Mama so ein Ding bei sich in der Küchenschublade liegen hat und sich ab und an bei Heißhunger darauf mal ein Tellerchen davon gönnt.
Britischer Pease Pudding oder deutsches Erbspüree. Watt denn nu?
Und wo ist jetzt der Unterschied? Ganz einfach: Das Berliner Erbspüre bleibt ein Püree. Es wird gekocht, gestampft (heute püriert), vielleicht noch durch ein Sieb gestrichen und dann wird die Matschepampe serviert. Bei Pease Pudding werden noch ein bis zwei Eier untergezogen und dann gab es verschiedene Wege, um ans Ziel zu gelangen. Beispielsweise wie ein riesiger Knödel in ein Musselintuch gehüllt und in Wasser oder Brühe gekocht oder darüber gedämpft (gibt ja auch einige deutsche Gerichte mit ähnlicher Zubereitung – zum Beispiel den Mehlbüddel), in eine klassische geschlossene Puddingform gefüllt und in Wasser gekocht oder – ganz schlicht und am simpelsten nachzuahmen – in eine Form gefüllt und im Ofen im Wasserbad gebacken.
Letzteres habe ich auch getan. Und da ich keine Lust auf Rumpanschen mit Stofftüchern hatte und auch noch keine glückliche Besitzerin einer Puddingform bin, wählte ich die Methode Wasserbad/Ofen. Da wir heutzutage dank Kühlschränken und Tiefkühlern immer freien Zugriff auf frisches Gemüse haben, habe ich mir erlaubt eine moderne Umsetzung des traditionellen britischen Gerichtes zu erarbeiten und habe mit meinen lilienweißen Händen Erbspudding aus grünen Erbsen gekocht. Die Idee dazu hatte ich schon lange, aber dank Foodfreaks tollem Blogevent Very British: The Last Night of the Proms habe ich diese Neuinterpretation endlich mal in Angriff genommen.
Wer lieber Erbspüree statt Pudding will, verfolgt das Rezept bitte nur bis zum Pürieren der Erbsenmasse und serviert es direkt heiß. Alle nachfolgenden Schritte führen zu Erbspudding – beziehungsweise eher zu Erbsen-Soufflé. Wir wurden von den gebackenen grünen Erbsen von einer erstaunlichen Fluffigkeit überrascht. Geschmacklich ist es wegen der frischen Erbsen recht süß, in einigen Rezepten findet man die Zugabe von 2 Esslöffeln Malzessig. Das kann ich mir gut vorstellen. Ebenso wie frischen Rosmarin oder frische Minze statt Thymian. Oder in Butter angeröstete Koriander- und Fenchelsamen. Aber mir stand eben der Sinn hiernach. Als Beilage gab es bei uns Kassler Lachs, statt des traditionell zu Pease Pudding servierten Gammon (geräucherter Schinken), und frisches Giabatta. Nicht sehr britisch, aber lecker. Und kalter Erbspudding – ich bilde mir ein, dass die Masse nach einer Nacht im Kühlschrank etwas kompakter ist – auf Brot ist übrigens auch sehr nett.
Rezept für Pease Pudding [Erbspüree]
500g feine, grüne Tiefkühlerbsen
2 Eier
30 g Butter
1 dicke, fette Schalotte oder zwei kleine
1 Lorbeerblatt
1 TL Meersalz
1/4 – 1/2 TL getrockneter Thymian
frisch gemahlener Pfeffer (bei mir: rot, schwarz, grün)
etwas Wasser
Zubereitung Pease Pudding
- Schalotte grob hacken und in einer Casserolle bei mittlerer Hitze in der Butter glasig dünsten.
- Tiefgefrorene Erbsen dazu geben, mit etwas warmem Wasser angießen, damit sie nicht anbrennen (Boden sollte gut bedeckt sein), alle Gewürze hinzu geben, Deckel drauf, Hitze hochschalten und kochen bis alles gar ist. Ab und an umrühren.
- Die Erbsen etwas abkühlen lassen, das Lorbeerblatt herausfischen und alles pürieren. Pürree abschmecken. (Wer nur Erbspürree will, hört bei diesem Arbeitsschritt auf und isst es so.)
- Zwei Eier miteinander verquirlen und mit einem Schneebesen unter das Erbsenpüree geben.
- Auflaufform(en) großzügig buttern, in eine große Auflaufform stellen und die Erbsmasse einfüllen.
- Nun heißes Wasser in die große Aufflaufform geben und hoch angießen, darauf achten, dass kein Wasser in die Förmchen fließt.
- Die Bain Marie in den Ofen stellen und bei 175° im vorgeheizten Ofen bei Umluft 30-45 Minuten backen. Je nach verwendeter Form und Füllhöhe kann die Garzeit variieren.
- Nach der Garzeit etwas runterkühlen lassen, mit einem Messer den Rand des Puddings nachfahren und auf einen Teller stürzen.
Das sieht sooo schön aus und ist der Klassiker zu Fish & Chips – hatte ich gerade in Birmingham bei meiner Sister. Ich finde die britische Küche echt unterschätzt. Oder wie meine Schwester sagt: „Die haben die besten Produkte, tollste Wetterbedingungen, grandiose Zutaten – und können einfach nichts damit anfangen!“. Aber glücklicherweise tut sich da ja jetzt langsam ein bisschen was. Und die Einflüsse der Einwanderer sorgen auch für etwas Gewürze. Bei mir gabs‘ zum Event ja indische Dosas 🙂
@Julia – Ich mag die britische Küche echt gerne. Habe mich ja schon vor Jahren ein wenig durch den schottischen Bereich gekocht. Sehr schön bodenständig und – wie ich finde – nah mit traditioneller deutscher Küche verwandt.
Gut zu wissen, dass man dazu auch Fish & Chips essen kann. Ich hatte nur den Schinken gefunden (passt hervorragend), aber vorher ne Weile rumgegrübelt wegen den Fritten.
Nachtrag: Eigentlich war ich ja versucht Coronation Chicken zu machen, da fehlte mir dann aber echt die Zeit für.
Sieht wirklich grandios aus! :o)
Dieses Muss-ich-unbedingt-mal-nachmachen-Rezept wäre mir allerdings fast entgangen – kann es sein, dass die RSS-Funktion gerade schwächelt? Mein Feeder („Brief“, Firefox-Plugin) konnte nur bis einschließlich August Blogeinträge finden und ein Klick auf den RSS-Button oben auf der Seite ergibt nur eine Fehlermeldung:
XML-Verarbeitungsfehler: XML- oder Text-Deklaration nicht am Beginn der Entität
Adresse: http://www.magischer-kessel.de/feed/
Zeile Nr. 2, Spalte 1:
Das nur als Hinweis, falls es sonst noch niemand gemeldet haben sollte. Wäre schade, wenn diese wunderschönen Fotos wegen eines Technikproblems nicht gesehen würden.
@Samira – Oh, das wäre ja wirklich total doof und wirklich schade um die Bilder – ich erfreue mich jedes Mal an dem schönen Grün, wenn ich sie sehe. 🙂
Großes Danke für das Feedback, muss ich gleich mal meinen hauseigenen Techniker drauf ansetzen. (Check: Da ist wirklich was defekt…)