Ab ins Mittelalter – Rishta bi Adds: Arabische Butternudeln mit Hülsenfrüchten

Buttriges, arabisches Soulfood trifft auf die arabische Küche im Mittelalter. Das Kochbuch "Kitab al Tabikh", von Al-Baghdadi ist mir in die Hände gefallen.

Auch in orientalischen Ländern wird tatsächlich Pasta gegessen. Ich erinnere mich immer noch innigst an den genialen Makkaroni-Tomaten-Auflauf, den die Mama meiner aus Ägypten stammenden Freundin zu Grundschulzeiten immer für uns gemacht hat – den haben wir Kinder einfach geliebt.

Orientalische Pasta

Arabisches Nudelgericht mit Linsen

Für dieses Gericht habe ich wieder tief in eines meiner Lieblingskochbücher, Claudia Rodens „The New Book of Middle Eastern Food„*, geblickt. Eigentlich heißt das Gericht in korrekter Übersetzung ja „Nudeln mit Linsen“.  („Adds“ = Linsen). Da ich dieses genial-simple und absolut gute Gericht aber zuerst mit eingekochten Bohnen aus der Dose gemacht habe, wäre die richtigere Bezeichnung wohl eher sowas wie „Rishta bi Ful“. Aber wir wollen hier mal nicht kleinlich sein. Die Version mit getrockneten Linsen haben wir inzwischen natürlich auch schon längst gekocht, beide Varianten sind im Rezept genannt. Mir persönlich schmeckte die Version mit den Wachtelbohnen/Borlottibohnen besser, was aber vielleicht daran liegt, dass ich keine große Linsenliebhaberin bin. Mit Kichererbsen kann ich mir das Gericht übrigens auch hervorragend vorstellen.

 

Arabische Nudeln mit Hülsenfrüchten

 

Ein Pastarezept aus dem arabischen Mittelalter

Und damit habe ich direkt Gelegenheit, um hier ein wenig Nahrungsmittelhistorie am Rande einzufügen. Die Bezeichnung „Rishta“ für Nudeln war mir bis dato unbekannt. Claudia Roden schreibt erklärend, dass Pasta schon im antiken Persien bekannt war und auch in arabischen Kochbüchern aus dem Mittelalter vorkommt. „Rishta“ stammt aus dem Persischen und bedeutet ursprünglich eigentlich Faden. Gemeint ist hiermit tagliatelleartige, also breitere Pasta und keine Spaghetti und Anverwandte. Der Koch „Al-Baghdadi“ beschreibt sie in seinen Anmerkungen als riemchenartig.

Vor kurzem bin ich nämlich ganz begeistert in dem kleinen Artikel „Babylonian Breakfast“ von Felicia Campbell über die Erwähnung des „Kitab al-Ṭabīkh“, dem „Buch der Gerichte“ gestolpert.
(Edit: Sie bezieht sich auf das gleichnamige Kochbuch aus dem 10. Jahrhundert. Hier gibt es einen sehr lesenswerten und ausführlichen Artikel von Charles Perry dazu. Die preisgekrönte Übersetzung von Newal Nasrallah „Annals of the Caliphs‘ Kitchens: Tenth-Century Baghdadi Cookbook„* ist bestimmt lesenswert – aber auch recht üppig im Preis.)
Der Autor des Kochbuches aus dem 13. Jahrhundert, ist Muḥammad bin al-Ḥasan bin Muḥammad bin al-Karīm al-Baghdadi, meist einfach – wer kann es bei dem langen Namen verdenken – „Al-Baghdadi“ genannt. Das Originalmanuskript hiervon hat das Wirrwarr der Zeiten in der Türkei überlebt und hat dort laut dem Übersetzer Perry auch stark die landestypische Küche beeinflusst. Das erste türkische Kochbuch, das dann wiederum erst im 15. Jahrhundert erschien, ist quasi eine Übersetzung ins Türkische, samt ein paar ergänzenden Gerichten.

Ich war sofort Feuer und Flamme und – den Göttern sei Dank – gibt es seit ein paar Jahren ein schmales, preiswertes, englischsprachiges Büchlein in einer komplett korrigierten Neuübersetzung von Charles Perry. Was soll ich sagen? Die Historikerin in mir gab ein begeistertes Quietschen von sich, das  verdächtig wie das eines 15jähriges Fangirl klang und schwupps, lag das „Baghdad Cookery Book: The Book of Dishes (Kitab Al-Tabikh)„* in meinem virtuellen Einkaufswagen. Natürlich ist es ohne Bilder, aber ich finde es absolut spannend. Die Rezepte entfalten sich beim Lesen in meinem Kopf und ich finde es faszinierend, wie viele Sachen nach immerhin 800 Jahren problemlos in die heutige Zeit übertragbar sind und sich im Stil oder sogar fast unverändert in der orientalischen Küche wiederfinden. Ganz im Gegensatz zu so manchen europäischen Rezepten, die in mittelalterlichen Rezeptsammlungen überliefert sind. Meine Freude, als ich hier zudem noch auf  ein Rezept für „Rashta“ stieß – einen dicken Eintopf mit Fleisch, Linsen und handgemachten Nudeln, ist wohl vorstellbar.

How to cook Rishta bi AddsMeine Mutter erzählte mir zudem, dass meine Eltern – als sie dieses Jahr im Frühling in Kurdistan waren, um Newroz zu feiern – auch ein Gericht mit Nudeln und Linsen aßen. Ich finde es ist eine ungewöhnliche, aber sehr gute Kombination – und die Menschen aus dem arabischen Raum sind ja nicht die Einzigen, die hierauf kamen, ich sage nur Linsen und Spätzle – quasi das kulinarische-schwäbische Nationalheiligtum. 😉

Und jetzt – nach all dem Geschichtsunterricht, geht es zu dem Rezept für dieses wunderschöne, buttrige Wohlfühlgericht. Es ist schnell gemachtes arabisches Soulfood, bei dem man nach der letzten Gabel mit einem zufriedenen kleinen Seufzen das Besteck beiseite legt.

 

Butternudeln mit Linsen/Hülsenfrüchten [Rishta bi Adds]


(für 2 Personen)

250 g Tagliatelle (in ca. 2,5 cm lange Stücke gebrochen) Alternativ: getrocknete Spätzle
1 Tasse getrocknete braune oder grüne Linsen (gewaschen, Gesamtkochzeit 20-25 Minuten) /Alternativ: 1 Dose Wachtelbohnen, Abtropfgewicht 400 g
2 mittlere Zwiebeln (fein gehackt)
40 g Butter
1 EL neutrales Öl
2-3 Zehen Knoblauch (grob gehackt)
1 TL frisch gemahlene, getrocknete Koriandersaat
Pfeffer, frisch gemahlen
Meersalz

Zubereitung

  • Die geputzten und fein gehackten Zwiebeln in einer kleinen Pfanne mit dem Öl golden braten.
  • Knoblauch und den gemahlenen Koriander hinzufügen und mit anbraten, bis er anfängt zu bräunen. Dann die Pfanne vom Herd nehmen.
  • Die Linsen ohne Salz in reichlich Wasser für 10 bis 15 Minuten auf mittlerer Flamme köcheln lassen, bis sie weich sind. Er jetzt salzen, sonst  bleiben sie hart.
  • Die Nudeln zu den Linsen geben , gar kochen und alles durch ein Sieb abgießen. (Werden Dosenbohnen genutzt, werden nur die Nudeln gekocht, kurz vor Ende der Garzeit die abgegossenen Wachtelbohnen zum Erwärmen dazu gegeben und dann wie im Rezept weiterverfahren.)
  • Alles wieder zurück in den Topf geben und mit den gebratenen Gewürzzwiebeln und der Butter vermengen,  bis diese geschmolzen ist.
  • Mit Pfeffer und Salz abschmecken, in einer flachen Schale anrichten und servieren. Fattoush eignet sich noch als kleine, knackige Beilage.

 

* Werbung: Affiliate-Link zu Amazon. Bei einem Einkauf hierüber erhalte ich eine geringe Vergütung. Vielen Dank.

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12 Comments

  • @ninive – Danke, du Liebe. Gerade, wenn frau mal wieder an so einem Punkt ist, wo sie sich fragt, ob das ganze Geschriebene überhaupt für jemanden von Interesse und nicht viel zu viel ist. 🙂

  • Ich schließe mich Ninive an – danke für Geschichte und Rezept. Ich lese so etwas gern….bin aber selbst etwas zu schreibfaul. Und Nudeln mit Linsen (oder Bohnen), das ist echtes Seelenfutter für mich.

  • Das nenne ich mal ein Rezept 🙂 Vorher noch ein wenig lernen (danke dafür!) und dann kochen und genießen 🙂
    Klingt sehr lecker, kommt auf die „Ausprobieren-Liste“.

    Liebe Grüße,
    Kivi

  • Mir geht’s wie den beiden Mitkommentatorinnen – ich habe Deinen Beitrag eben sehr gerne gelesen! Ich hatte gestern ein Browser-Fenster geöffnet und so gelassen, weil ich keine Zeit zum Lesen hatte; das habe ich jetzt nachgeholt.

    Gerade auch den historischen Kontext mag ich gerne – es ist doch total interessant zu sehen, was man früher gegessen hat (allein deswegen würde ich gerne zeitreisen!), z.B. finde ich es spannend, mir Gerichte ohne Tomaten vorzustellen… Da ich ja aus der Linsen&Spätzle Region komme, freut es mich natürlich zu lesen, dass es das auch im arabischen Raum früher schon zu essen gab. Soulfood. Schön. 🙂

  • Wo ist denn mein Kommentar von heute morgen geblieben? Hab ich mal wieder vergessen, das entscheidende Knöpfchen zu drücken?
    Was ich sagen wollte: danke für die tolle Geschichte; ich lese so etwas gerne, bin aber meist zu träge, um selbst so viel zu schreiben.
    Und die Nudeln gefallen mir auch – Pasta in Kombination mit Hüslenfrüchten, das ist für mich Seelenfutter pur.

  • @Kivi – Ich sag auch „Danke“ und wünsche guten Hunger beim Nachkochen. 🙂

    @Barbara – Ja.. eigentlich wollte ich nur schnell das Rezept endlich veröffentlichen, aber dann wucherte der Beitrag unter meinen Fingern und getrieben durch mein Mitteilungsbedürfnis mal wieder so dahin. Und arabische Küche ohne alles in Tomate zu ertränken…Puh. 😉

    @Susanne – Nö, hast du nicht? Ich sehe deinen ersten Beitrag und der ging auch automatisch ohne Freischaltung durch. Und zu träge zum Schreiben? Das sagst du, während ich immer leicht schuldbewusst auf deinen Artikel-Output gucke? 😀 Nee, neee… mal nicht hier das Licht unter den Scheffel stellen, ja?

  • Also, noch ein Versuch, bei Dir zu kommentieren, das scheint ja gar nicht so zu wollen wie ich 🙂
    Ich finde den Ausflug ins Mittelalter klasse; lese so etwas gerne. Bloß selbst bin ich dann meist zu schreibfaul für solche Exkurse…..
    Die Nudeln gefallen mir auch – Pasta mit Hülsenfrüchten, das ist Wohlfühlfutter.

  • Du kannst mich ja jetzt für doof halten, aber grade eben, bevor ich mal wieder auf „Absenden“ gedrückt habe, waren da nur Ninives und Dein Kommentar. Und jetzt ist auf einmal alles da. Technik ist ja auch manchmal seltsam…..

  • @Susanne – Ich halt dich nicht für doof, sondern mache dein Cache als Schuldigen aus und bewundere deine Ausdauer. 😉 Schön, dass du jetzt alles lesen kannst. Falls sowas nochmal auftaucht bin ich gerne bei Twitter oder FB greifbar.

  • ohhh mein zahn leckt, das sieht vielleicht richtig schön deftig und lecker aus *sabber* Rustikal…ich liebe es <3

    Achja ich schnöker gerade durch alle Teilnehmerblogs…Ich freue mich schon so auf das FoodBloggerCamp Berlin und darauf euch anderen Foodblogger kennen zulernen und sich aus zu tauschen *aufgeregt ist* Wir sehen uns…
    Liebe Grüße
    melonpan

  • @melonpan – Ich glaub über dein Blog bin ich auch schon durch die Liste drübergesurft. Auf meiner Terrasse wächst übrigens auch Spinat im Balkonkasten. 😉 Liebe Grüße & spätestens bis zum realen Kennenlernen dann im Oktober.

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